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Tattooschulungen: Nützlich oder Scam?

Aktualisiert: 11. Dez. 2024

Tattooschulungen: Nützlich oder Scam? Warum du nach einem Wochenendkurs kein Tätowierer bist und wie du dein Geld sinnvoller investierst


Schon seit Jahren stoßen wir immer wieder auf dieses Thema und sind überrascht über die Angebote, die uns auf dem Markt begegnen. Erst kürzlich haben wir das Angebot einer bekannten Fineline-Künstlerin aus Hannover gesehen, die für einen zweitägigen Wochenendkurs stolze 3.000 Euro verlangt. Das hat mich dazu bewegt, ein paar Worte zu diesem Thema zu schreiben. Hier einmal unsere Gedanken, wann Tattooschulungen Sinn machen, wann nicht und was du stattdessen tun kannst, um den Einstieg ins Tätowieren zu finden.



Tattoosetup


Was sind Tattooschulungen?


Tattooschulungen sind Kurse, die meist zwischen einem Tag und einer Woche dauern und dir angeblich alles beibringen, was du über das Tätowieren wissen musst – von der Handhabung der Maschine bis hin zur Hygiene. Solche Schulungen sind oft teuer, die Preise können von einigen Hundert bis zu mehreren Tausend Euro reichen. Der Gedanke, in kürzester Zeit in einen begehrten Beruf einzusteigen, klingt verlockend. Doch hier liegt oft das Problem.




Warum du nach einem Wochenendkurs kein Tätowierer bist


  • Tätowieren ist ein Handwerk, das Zeit braucht: Tätowieren erfordert nicht nur künstlerisches Talent, sondern auch jahrelange Übung und ein tiefes Verständnis von Haut, Technik und Hygiene. Selbst erfahrene Tätowierer lernen ständig dazu. Ein Wochenendkurs kann unmöglich die notwendige Expertise vermitteln.


  • Fehlende Praxis: Viele dieser Kurse bieten bestenfalls Übungen auf Kunsthaut oder Schweinehaut. Doch das Tätowieren eines lebenden Menschen ist eine ganz andere Herausforderung. Ohne eine umfangreiche Ausbildung und Erfahrung riskierst du nicht nur schlechte Ergebnisse, sondern auch ernsthafte gesundheitliche Komplikationen bei deinen Kunden.


  • Hygiene und Sicherheit: Ein zentraler Aspekt des Tätowierens ist die Einhaltung strenger Hygienestandards. Ein Kurs in wenigen Tagen kratzt oft nur an der Oberfläche dieses wichtigen Themas. Fehler hier können zu Infektionen oder sogar rechtlichen Konsequenzen führen.


  • Keine Anerkennung in der Branche: Die Tätowierbranche legt großen Wert auf Qualität und Handwerk. Ein Zertifikat von einem Schnellkurs wird in den meisten renommierten Studios nicht ernst genommen, da es einzig auf deine künstlerischen Fähigkeiten ankommt, die du in deinem Portfolio darstellst.



Azubi am arbeiten an Kunsthaut


Sind Tattooschulungen ein Scam?


Nicht jede Schulung ist zwangsläufig ein Betrug, aber viele sind schlichtweg überteuert und vermitteln unrealistische Erwartungen. Anbieter nutzen die Faszination des Berufs aus, um schnelles Geld zu verdienen, ohne die Teilnehmer wirklich auf die Praxis vorzubereiten. Wenn dir jemand verspricht, dass du nach wenigen Tagen bereit bist, Kunden zu tätowieren, solltest du skeptisch sein.


Schulungen können sehr großen Mehrwert bieten, wenn du schon seit einigen Jahren tätowierst und dich in bestimmten Teilbereichen oder Stilen noch weiterentwickeln möchtest. Koryphäen in ihren Stilen bieten häufig Fortbildungen an. Auch viele Tätowierer aus unserem Studio haben bereits an Fortbildungen teilgenommen und haben sehr positive Erfahrungen gemacht. Bei diesen Fortbildungen wird in aller Regel aber darauf hingewiesen, dass diese nicht für Anfänger geeignet sind.



Wie du dein Geld besser investieren kannst


Wenn du ernsthaft daran interessiert bist, Tätowierer zu werden, gibt es bessere Wege, um in die Branche einzusteigen:


  • Künstlerische Fähigkeiten entwickeln:

    Zeichnen ist die Grundlage des Tätowierens. Investiere Zeit in Zeichenkurse, Skizzenmaterialien und Bücher über Kunst. Je besser deine Zeichenfähigkeiten sind, desto leichter wird dir der Einstieg fallen. Der YouTube-Kanal von Proko und die dahinterstehende Website sind das größte Netzwerk, was Zeichen- und Malerei-Lehre angeht. Dort findest du praktisch alles, was du an Lehrmaterial brauchst, kostenlos.


  • Finde ein seriöses Tattoo-Studio für eine Ausbildung:

    Der traditionelle Weg in die Tätowierbranche führt über ein Apprenticeship (Lehre) in einem Studio. Zwar ist dieser Weg oft zeitaufwendig und erfordert viel Geduld, doch du lernst unter der Anleitung erfahrener Tätowierer alle Aspekte des Berufs – von Technik bis Hygiene. Es gibt leider wenige Studios, die ausbilden und noch weniger, die eine gute Ausbildung bieten. Nimm dir daher Zeit bei der Suche und erwarte nicht, dass du etwas bei dir um die Ecke finden wirst. Schaue in jedem Fall über deine Regionsgrenzen hinaus.


  • Investiere in hochwertige Materialien: 

    Sobald du so weit bist, dir eine eigene Ausrüstung zuzulegen, solltest du auf Qualität setzen. Eine professionelle Tätowiermaschine, sterile Nadeln und hochwertige Tinte sind essenziell.

    Das Equipment muss nicht unbedingt teuer sein, mittlerweile gibt es gerade im Rotarie Segment sehr gute Maschinen für 150-200 € 


  • Bildung in Hygiene und Sicherheit:

    Bevor du überhaupt daran denkst, jemanden zu tätowieren, solltest du einen umfassenden Kurs in Hygiene und Infektionsschutz absolvieren. In vielen Ländern ist dies ohnehin gesetzlich vorgeschrieben.


  • Netzwerken in der Szene:

    Besuche Tattoo-Conventions, knüpfe Kontakte zu Tätowierern und lerne aus erster Hand, was den Beruf ausmacht. Diese Erfahrung ist oft wertvoller als ein überteuerter Kurs.


Tattoos auf Kunsthäuten


Fazit

Wenn du das Geld übrig hast, kauf dir eine Maschine (am besten eine Rotarie Akku Pen-Maschine, da muss am wenigsten eingestellt werden) und 200 Lappen Kunsthaut (für 3k bekommst du wahrscheinlich einen lebenslangen Vorrat). Das Wichtigste beim Tätowieren ist, Medaillen zu sammeln. Soll heißen, Übung ist das allerwichtigste. Informationen über Fineline und jeden anderen Tattoostil findest du bei YouTube. Mach das so lange, bis du einen guten Ausbildungsplatz gefunden hast. Wir wünschen ganz viel Erfolg und gib nicht auf, der Weg zum Tätowieren dauert wie jede andere Ausbildung eine ganze Weile. 

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